Künstliche Intelligenz und wie du ein gutes Buch schreibst
Von David Lindner
In diesem Blogbeitrag gebe ich dir meine persönliche Einschätzung der Potenziale Künstlicher Intelligenz. Anschließend stelle ich dir ein paar kreative Impulse zur Verfügung, die es braucht, um ein gutes Buch zu schreiben.
ChatGPT oder: Maschinen werden es besser können
Du wirst den Hype mitbekommen haben: Vor wenigen Wochen hat ChatGPT begonnen für die Öffentlichkeit zugänglich zu sein. Schneller als man denken kann haben finde YouTube-Profis Anleitungsvideos erstellt, wie du mit dieser Künstlichen Intelligenz (AI oder KI) in wenigen Minuten ein Buch schreiben kannst.
Profiautoren weltweit winken ab: Ach, diese KI, die wird uns nie ersetzen können. Die ist nicht kreativ. Das klingt alles noch so gestelzt.
Ja, im Wald flötet man gerne ein Mut machenendes Liedchen, wenn es Dunkel wird.
Yuval Noah Harai hat in drei Büchern schon vor etlichen Jahren beschrieben, was in diesen Tagen passiert: Künstliche Intelligenz wird über siebzig Prozent aller Berufe ersetzen können.
Ganz gewiss jedenfalls 95% aller Autorinnen und Autoren.
Warum bin ich mir da so sicher? Ich bin doch selbst Autor und lebe vom Schreiben?
Ja genau, und mir geht ordentlich die Muffe.
Mach dir bewusst: Sprache, Buchstaben, Worte, Sätze besteht in weiten Teile aus nichts weiter als Codes. Der Autor codiert, der Leser encodiert.
Schritt Eins
Gibst du einem klugen Algorithmus alle Werke von Hemmingway, dann wird er in absehbarer Zeit erkennen können, was das besondere Muster der Sprache von Hemmingway ist.
Schritt Zwei
Gibst du dem Algorithmus ein paar hundert bis tausend kreative Motive, so wird dieser, verbunden mit der Psychologin, die ihn programmiert, herausfinden, was genau uns Menschen beim Leser abholt und berührt.
Dazu braucht es übrigens kein Genie. Die Mehrzahl aller halbwegs guten Autoren wissen wie das geht.
Schritt Drei
Da machen die Computerheinis noch drei, vier, fünf andere Sachen, die wir alle eher weniger verstehen.
Ergebnis
Die Maschine wird uns Hemmingway-ähnliche Bücher schreiben, die nur ein Profileser als von einer Maschine erstellt erkennen wird. Noch
2007: Das iPhone
Was vielen Menschen in der Gegenwart völlig abgeht, ist Fantasie. Vorstellungskraft. Sie können sich irgendwie nicht vorstellen, was maschinelles Lernen bedeutet.
Nur ein Beispiel: Erst 2007 hat Steve Jobs das erste iPhone vorgestellt. Das ist gerade einmal 16 Jahre her. Heute gibt es einige Krankheitsbilder, die nur mit Smartphones zu tun haben. Dabei steht die Entwicklung hier relativ still. Was da an Neuerungen erscheint, ist jetzt nicht mehr sooo aufregend. Im Wesentlichen scheinen die technischen Möglichkeiten zurzeit ein wenig auf der Stelle zu treten.
Das wird sie beim Schreiben durch die Künstliche Intelligenz nicht so abspielen.
KI wird sich exponentiell verbessern. Am Anfang wird sie vielleicht ein Jahr benötigen, um ihr Können zu verdoppeln. Dann einen halbes Jahr, dann drei Monate, dann eineinhalb Monate, dann drei Wochen, dann eineinhalb Wochen. In nur zwei Jahren hätte sie ihr Können ungefähr verachtfacht!
Die Frage ist: Ist der Leser intelligent?
Die Frage, die ich mir nicht wirklich stelle ist: Werden Menschen intelligent genug sein, einen guten von einem schlechten Text zu unterscheiden?
Die Antwort können wir heute schon geben: Dazu sind achtzig bis neunzig Prozent der Menschen schon heute nicht mehr in der Lage. Das ist keine Meinung, dazu gibt es Forschungen und Studien wie Sand am Meer.
Wenn man ein kleines bisschen Gefühl für Sprache hat, dann muss man im Grunde nur bei Amazon die Buchkritiken lesen. Wie oft da absolut miserabel geschriebene Bücher mit zauberhaft vollendeten Werken verglichen werden ist der helle Wahnsinn.
Vom Lesen einmal abgesehen: Die Forschung ist sich einig, dass die Intelligenz der Menschheit und des statistischen Einzelnen in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat. Wir sind tatsächlich eine ganze Ecke blöder als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Das soll nicht heißten, dass du und ich auch blöder geworden sind. Wobei, be mir bin ich mir da nicht so sicher.
Natürlich gibt es auch eine wachsende Zahl bemerkenswert kluger und extrem kluger Menschen. Aber im statistsichen Mittel sieht es übel aus für unsere Spezies.
Wie soll ich als Autor auf so eine Entwicklung reagieren?
Vielleicht entscheidet sich die Menschheit irgendwann ganz bewusst, von der Digitalisierung wieder Abstand zu nehmen. Sie führt selbstverständlich in weiten Bereichen des Lebens in zahllose Sackgassen.
Und ja: Sie birgt auch unglaubliche Chancen. Doch ich will hier nicht den Botschafter des Untergangs machen. Lest die Bücher von Harari wenn ihr Lust auf eine gute Portion Übelkeit habt.
Ich hoffe einfach, dass es noch ein gewisse Zahl Menschen gibt, die sich ganz bewusst anschauen, von wem ein Buch kommt. Die die Marke hinter dem Buch, den Autoren kennen, respektieren und also auch für seine Perspektiven oder Geschichten entlohnen wollen.
Bücher von Traumzeit werden in zukünftigen Auflagen alle mit einem Echtheitszertifzikat versehen sein: Geschrieben von einem Menschen. KI wurde nicht genutzt.
Anleitung zu einem besseren Buch
Ich liebe Bücher. Natürlich. Darum hier ein paar Tipps zur Selbstreflexion. Die sollen auf keinen Fall arrogant klingen. Ich habe es nur schon so oft erlebt, dass mir Menschen ein Buch angeboten haben und zwei bis drei Fragen führten dazu, dass sie sich mit einem Schlag sicher waren: Ja, warum und für wen will ich da eigentlich schreiben?
Stell dir bitte folgende Fragen, bevor du ein Buch schreibst oder schreiben lässt:
- Habe ich außergewöhnliche Erfahrungen, Kenntnisse oder Methodiken in meinem Fachgebiet? Mehr als andere meines Fachgebietes?
- Weicht mein außergewöhnliches Wissen deutlich von dem ab, was schon in Büchern veröffentlicht wurde?
- Wenn dein Wissen nicht so besonders ist, ist deine Art es zu kommunizieren denn ganz besonders? Du kannst ein bereits reichlich in der Literatur abgehandeltes Thema auf so faszinierende Weise neu erzählen, dass dein Werk alleine durch deine Perspektive wertvoll wird.
- Jeder will ja etwas ganz besonderes und ganz und gar einzigartig sein. Das nimmt jeder von uns für sich in Anspruch. Die Forschung hat allerdings belegt: Wir sind uns alle ganz schön ähnlich. Einen echten Unterschied macht kaum jemand.
- Wenn du “Anders” bist, dann wird dein Business schon lange bevor du eine Buchidee hast, erfolgreich laufen. Also definiere für dich: Was macht dein Buch zu einem so anderen, so wichtigen Werk, dass du viel Arbeit reinstecken möchtest und viel Geld? Und ich als Verleger viel Zeit und damit Geld?
- Frag dich immer: Für wen will ich dieses Buch schreiben? Wer ist mein Zielpublikum? Jedes zweite Skript meiner Verlegerkarriere handelte irgendwie vom Leben der Autorin und was sie alles erlebt hat. Oftmals sind da wirklich beeindruckende Lebensgeschichten hinter. Doch ich erlaube mir dann gerne die Frage: Glaubst du, deine Lebenserfahrung weicht Wesentlich von ähnlichen oder noch dramatischeren Erfahrungen anderer Menschen ab?
- Wenn ich über meine Autobiografie nachdenke, was Spaß macht, frage ich mich, wo sich meine Geschichte einreiht zwischen Ghandi, Steve Jobs, Peter Gabriel oder der Lebensgeschichte eines Menschen, der einen Krieg, eine Hungerkatastrophe und einen schweren Unfall überlebt hat.
Ich finde mein Leben sehr spannend und interessant und ich kann ja recht lebhaft erzählen. Aber nur für mich. Für meine Kundinnen genügen einige Eckpunkte, meine Lebensgeschichte ist es nicht wert, niedergeschrieben zu werden.
Ich möchte hier nicht gegen Biografien, zum Beispiel Familienbiografien sprechen. Wenn du Kinder und Enkelkinder hast oder als Wohltäter und Unternehmer in deiner Gemeinde eine Hausnummer warst, dann interessiert deine Geschichte sicherlich einige Dutzend oder Hundert Leute.
Ein Nachbar aus unserer Straße hat ein Leben als Schäfer, als Schafhirte geführt. Der hat ein Leben geführt, wie es kaum einer lebt, in einer Zeit, die für immer entschwindet. DAS ist wert erzählt zu werden und hat sich etliche tausend Mal verkauft.
Was soll ich denn erzählen, was nicht andere tausendfach schlimmer oder schöner erlebt hätten? - Und wenn du Schreibtalent hast, vielleicht wäre die Geschichte deiner Nachbarin im Krieg und Wiederaufbau Deutschlands eher wert erzählt zu werden als deine. Sie würde sich sicher freuen, wenn du sie schreibst …
- Wer ist deine Zielgruppe? Ist diese Zielgruppe viele tausende bis zehntausende Menschen stark? Hast du Kontakt zu deiner Zielgruppe? Weil du schon dreitausend Kunden in der einer Kartei hast, dein Newsletter an 6.000 geht und 10.000 dir auf Social Media folgen.
- Einer meiner Mentoren empfiehlt regelmäßig Bücher, die er gelesen hat und beeindruckend fand. Sein eigenes Buch ist nicht sooo toll geworden, hätte er besser bleiben gelassen. Aber sein Buchtipps haben mich schon echt weitergebracht.
Empfiehl deinen Kundinnen richtig gute Bücher und sie werden dir dankbarer sein als wenn du ihnen dein nicht so richtig gutes Buch aufschwatzt und anschließend wissen willst, ob sie es auch gut fanden. - Wenn du ein Restaurant führst und hier Lesungen stattfinden, dann wäre ein Buch über deine Erlebnisse mit Gästen vielleicht ein nettes Buchgeschenk für deine guten Kunden. Aber wäre es auch für einen Verlag spannend, der schnell mal fünfstellig investiert, bevor das erste Buch überhaupt erhältlich ist? Sind deine Gäste allesamt Mitglieder der Cosa Nostra? Interessantes Buch sicherlich. Aber ansonsten …
- Es geht also ums Selbst-Relativieren und dass fällt uns Kreativen gerne schwer. Mir auch. Wir sind begeistert von einer Idee und – Attacke! – wollen sie umsetzen. Und da holen uns die Coachingkurse “Der Weg zum eigenen Buch” natürlich gekonnt ab.
Doch sich ehrlich machen vor sich selbst und sich die Frage stellen: Braucht die Welt mein Buch oder empfehle ich guten Leuten lieber vorhandene gute Bücher? Die Menschen lesen nämlich unter anderem weniger, weil sie immer mehr Schrott zu lesen bekommen. Jeder ist froh, wenn er über einen zielgenauen Tipp ein Buch empfohlen bekommt, dass ihn weiterbringt. - Ich rege nur dazu an: Stell dir diesen Fragen. Wenn du dein Buch dann schreibst, werden diese Fragen dazu beitragen, dass es ein besseres Buch wird.